Auf der Rückfahrt gestern von Fürstenwalde nach Berlin. Ein überfüllter Regiozug. Neben mir ein Mitreisender, eine Wissenschafts-Illustrierte lesend. Eine Überschrift fing meinen Blick: “Hart kämpfen, streng denken, aus tiefstem Herzen lieben“. Im Bezugssystem der Wissenschaft des Geistes also Themen von Spirit, Mind, Soul. Doch woher stammt dieses Zitat? Wieder zu Hause konnte ChatGPT mit dem Zitat nichts anfangen. Am nächsten Tag, also heute, die Google-KI befragt. Oh Gott! Der Algorithmus behauptet, dass ausgerechnet der Materialist (?) Friedrich Engels der Urheber sei.
Sofort kam mir eine merkwürdige Synchronizität in den Sinn. 1866 arbeitete Karl Marx an der Schlussredaktion seines ersten Bandes über das Kapital, das als Buch 1875 erschien. 1866 war aber auch das Jahr als Mary Baker Eddy die Wissenschaft des Christentums, wie sie es auch nannte, wiederentdeckte und dann neun Jahre brauchte, bis auch sie im Jahre 1875 die erste Ausgabe ihres Buches über ihre Entdeckung veröffentlichen konnte.
Robert Peel, Autor der wohl umfangreichsten und sehr lesenswerten Biographie über Mary Baker Eddy, berichtet von einem interessanten Detail aus Lenins Leben. Während seiner Exilzeit in Zürich habe er sich aus der Zürcher Zentralbibliothek Mary Baker Eddys Buch “Science and Health” ausgeliehen und Freunde darauf aufmerksam gemacht, dass dieses Buch die exakt gegenteiligen Propositionen zum dialektischen Materialismus aufstellt (bibliographische Angabe in Vorbereitung).
Alles ein Zufall? C.G. Jung und der Physiker Wolfgang Pauli haben 1952 ein gemeinsames, interdisziplinäres Werk mit dem Titel “Naturerklärung und Psyche” herausgegeben, wobei Jung den Teil “Synchronizität als ein Prinzip akausaler Zusammenhänge” übernahm. Jung untersucht hier Phänomene, bei denen innere psychische Zustände (Träume, Intuitionen, Archetypenerfahrungen) und äußere Ereignisse in bedeutungsvoller Koinzidenz zusammenfallen, ohne dass ein kausaler Zusammenhang nachweisbar ist. Diese „sinnvollen Zufälle“ versteht er als Ausdruck einer tieferen Ordnung, die das Kausalprinzip ergänzt.
Kann es sein, dass der Logos, nach Johannes die primäre Quelle aller Erkenntnis, dann, wenn die “Finsternis” ihn nicht begreift, zu Schlussfolgerungen führt, die sich dann in Werken wie dem von Karl Marx zeigen? Tatsächlich liest sich Engels “Hart kämpfen, streng denken, aus tiefstem Herzen lieben“ in einem materialistischen Kontext ganz anders wie im geistigen Bezugssystem. Oder etwa nicht?